Logo

Alltagsgegenstände und Glas

Nicht nur in Bildern und Statuen ließen sich die römischen Kaiser verherrlichen - das erfolgreichste Propagandamittel war das kleinste von allen: Münzen. Mit einer ausgeklügelten Bildersprache vermittelten sie Führungsanspruch und Selbstverständnis - besonders wenn es um die Legitimation eines neu inthronisierten Kaisers ging. Die Münzsammlung des Nationalmuseums ist eine der größten der Welt, Teile von ihr stammen wiederum aus dem Nachlass der Familie Farnese.

Nicht alle Münzen sind aus edlen Metallen - gerade das alltägliche Kleingeld aus Bronze gibt uns wertvolle Hinweise auf das Leben der Menschen. So findet sich etwa bei den Händlern in Pompeji Geld aus verschiedensten Regionen des Mittelmeerraums - Zeichen für die "Globalisierung" im riesigen römischen Reich.

Davon zeugt auch die wohl berühmteste Münze: ein einmaliges Stück, geprägt in Lugdunum, dem heutigen Lyon in Frankreich. Auf der Vorderseite der erste Kaiser: Gaius Octavius Thurinus, Adoptivsohn von Julius Caesar, dessen Namen er annimmt - später bekannt unter dem Ehrentitel "Augustus", "der Erhabene". Die Inschrift zählt seine Titel auf: "Caesar Augustus Divi Filius Pater Patriae" - "Caesar, der Erhabene, Sohn des Göttlichen, Vater des Vaterlandes." Das "Augustus-Medaillon" wurde in den Jahren acht oder neun vor Christus geprägt - gefunden hat man es 1759 in Pompeji.

Noch einmal hat sich in den letzten Jahrzehnten der Blick auf die Antike geändert. Heute interessieren uns nicht mehr nur die Machthaber, die in den Annalen genannt werden, nicht mehr nur die großen Meisterwerke der Kunst - sondern immer mehr das Leben der einfachen Menschen.

Wie haben die Römer eigentlich gelebt? Wie sah ihre Welt aus, wie war ihr Alltag? Nirgends sonst finden wir so greifbare Antworten auf diese Fragen wie in den verschütteten Städten am Vesuv - und nirgends sonst ist uns ihre Welt so nahe.

Pinzette - Zange - Schere: wer würde vermuten, dass dieses Besteck eines Chirurgen volle zweitausend Jahre alt ist? Gerade die oft unscheinbaren Dinge sind es, die uns die Welt der Römer zum Leben erwecken. In vielen erkennen wir unsere eigene Welt wieder - wie hier in den Scharnieren römischer Haustüren oder in Wasserhähnen, die sich seit römischen Zeiten fast nicht verändert haben. Auch die Türschlösser wirken nicht wie Relikte einer untergegangenen Welt, sondern wie Erinnerungen an gestern - noch heute so alltäglich, wie sie damals gewesen sein müssen.

Die massiven Haustüren waren mit Bronzebeschlägen verziert - besonders beliebt waren Löwenköpfe.

Aber auch das ist typisch für das alte Rom: Figuren aus der Kultur von Babylon, im heutigen Irak, rund dreitausend Kilometer von Pompeji entfernt. Das römische Reich war eine globalisierte Welt - und eine Welt voll von Göttern. Sie waren überall: jedes Haus hatte mindestens einen Altar, auf dem sie immer präsent waren - die mächtigen Götter des Olymp genauso wie die Laren, die Ahnen und Schutzgötter der Häuser.

Die Welt der Antike muss düster gewesen sein. Nach Einbruch der Dunkelheit spendeten nur Fackeln und flackernde Öllämpchen ein bisschen Licht. Entsprechende Massen der kleinen Lampen haben die Archäologen gefunden - in einem einzigen Korridor der Vorstadtthermen von Herculaneum lagerten fünfhundert davon. Auch sie zeugen vom Sinn der damaligen Menschen für Ästhetik - Rom war auch eine Welt des Designs.

In unserer Vorstellung sehen wir die Römer bei Gelagen und wilden Orgien mit exzentrischen Speisen. Der Alltag der Menschen aber sah anders aus: ihre Kessel und Krüge, ihre Kochtöpfe und Bratpfannen unterscheiden sich kaum von unseren. Ein Eierkocher allerdings war sicher nur etwas für einen großen Haushalt.

Auch diese Bronzegeräte sind zum Teil reich verziert - aber sie sind doch nur Geräte für die Küche, benutzt von Frauen und Sklaven. Welcher Glanz dagegen, wenn ein reicher Römer Gäste empfing! Dieses Tafelservice, hundertachtzehn Stücke aus reinem Silber, stammt aus dem "Haus des Menander", einem der prächtigsten Häuser von Pompeji. Man hat es im Keller gefunden, zusammen mit dem Familienschmuck sorgsam in einer Kiste verpackt, während das Haus renoviert wurde. Die Motive auf den funkelnden Tellern und Schalen stammen wieder aus der griechischen Mythologie. Passendes Silberbesteck gab es übrigens nicht - auch die nobelsten Römer haben mit den Händen gegessen.

Eine Besonderheit des Museums in Neapel: Gläser. Auch wenn uns das heute kaum bewusst ist - Glas war in der Antike weit verbreitet. In Pompeji hat man eine Fülle von Glaswaren gefunden, darunter ganz alltägliches Geschirr. Man trank schon damals aus Gläsern, man spielte mit Glassteinen und benutzte jeden Tag Gefäße für Cremes und Makeup oder Parfümflakons.

Im ersten Jahrhundert vor Christus hatten Phönizier die Technik des Glasblasens entwickelt. Damit wurden Glasgefäße sogar billiger als Tonkrüge - eine wahre Massenproduktion setzte ein. Schon um die Zeitenwende fand römisches Glas seinen Weg bis nach China.

Diese unscheinbaren Platten sind etwas ganz besonderes: Fensterscheiben. Glasfenster waren der letzte Schrei in den Luxusvillen von Pompeji und Herculaneum - wenn auch ihre Transparenz noch einiges zu wünschen übrig ließ.

Anfangs waren Glasgefäße teure, bewunderte Luxuswaren. Dieses Schälchen etwa stammt aus der Frühzeit der Glasherstellung. Mit seinen leuchtenden Farben, die an funkelnde Edelsteine erinnern, war es einst Teil einer reichen Tafel.

Wahre Meisterwerke der Glaskunst aber sind die römischen Glaskameen. Die weltberühmte "Blaue Vase" - ein einmaliges Kunstwerk. Dass sie wie eine Wein-Amphore geformt ist, ist kein Zufall: sie zelebriert den Wein. Wild wuchern die Ranken mit den Trauben - zwischen ihnen feiern Amoretten, kleine geflügelte Verkörperungen des Gottes Amor oder Cupido. Zwei von ihnen haben sich auf einer Liege niedergelassen: einer spielt die Lyra, der andere betrinkt sich wohl gerade.

Die "Blaue Vase" ist auch ein Meisterstück der Glasbläsertechnik: in einer Form hat der Meister zunächst weißes Glas aufgeblasen, so dass es die Wände auskleidet, danach im Inneren einen blauen Rohling. Ein Graveur schneidet anschließend das Bildmotiv aus der weißen Schicht aus - so entsteht ein Kunstwerk, das an eine Gemme aus kostbarem Edelstein erinnert.